Essdrang fühlt sich an, als hätte man selbst nicht mitzubestimmen
Ich kenne es selbst und höre es oft in meiner Praxis:
«… ich habe oft das Gefühl, nicht selbst bestimmen zu können, was und wie viel ich essen will... « «ES isst einfach…».
Besonders im Zusammenhang mit Süssigkeiten, Snacks, kohlenhydrat- und fetthaltigen Produkten scheinen viele Menschen wie fremdbestimmt zu sein und sich nicht mehr stoppen zu können.
Selbst- oder Fremdbestimmt?
Nun, Essdrang und emotionales Essen hat viele Facetten und in der Regel auch nicht nur eine Ursache. Aber wenn uns das darunterliegende Thema sprachlich schon so auf dem «silbernen Tablett» serviert wird, lohnt es sich doch mal genauer hinzuschauen.
Spurensuche in der Kindheit.
Nicht selbst über die Nahrungsaufnahme bestimmen zu dürfen, ist etwas das viele von uns in der Kindheit erlebt haben. Wir wollen jetzt weder unsere Eltern beschimpfen, noch aus einer Mücke einen Elefanten machen, trotzdem aber können solche Erfahrungen uns schon auch ungünstig prägen.
Meine Geschichte...
.... ist ein "gutes" Beispiel:
Ich musste als Kind oft am Tisch sitzen bleiben, bis ich meinen Teller leer gegessen hatte. Obwohl ich schon längst satt war, musste alles gegessen werden und ich erinnere mich lange Zeit alleine am Tisch gesessen zu haben, während meine Geschwister schon wieder spielen gehen durften. Noch heute weiss ich, wie sich das Fleisch anfühlte, das bei jedem Mal kauen immer trockener wurde und einfach nicht runterrutschen wollte.
(Später hatten wir dann glücklicherweise eine Katze, mit der ich verstohlen die Fleischstücke teilen konnte. 😉)
Auch Sätze wie: «Jedes Kind mag Fisch» gaben mir das Gefühl, überhaupt nicht o.k. zu sein, denn Fisch ist noch heute etwas, das ich einfach nicht essen kann ohne das mir übel wird. Die Botschaft, dass jedes Kind Fisch mag, war verwirrend für mich. Ich war also entweder nicht so, wie die anderen Kinder oder ich hatte eine falsche Wahrnehmung davon, was ich eigentlich mag, bzw. nicht mag.
Endlich selbst bestimmen!
Als ich mein erstes Sackgeld erhielt, habe ich das Meiste davon zum Kiosk gebracht. Endlich konnte ich das essen, was mir schmeckte. Schokolade, Karamellbonbons und Co. wurden zum Ausdruck von Selbstbestimmung… und daraus wurde dann recht schnell das folgende Muster (inklusive Essdrang): Essen von Süssigkeiten hilft immer dann, wenn ich das Gefühl hatte, fremdbestimmt zu sein.
Aus: Schokolade essen um endlich selbst eine Entscheidung zu treffen, wird plötzlich ein innerer Drang, der uns wiederum fremdbestimmt erscheinen lässt.
Ein klassisches Paradoxon entsteht und sorgt für Verwirrung in unserem System.
Zurück in die Eigenverantwortung
Haben wir also das Gefühl, nicht selbst bestimmt mit Genussmitteln umgehen zu können und unter einem Essdrang zu leiden, kann es sein, dass wir noch von Mustern getriggert werden, die aus der Kindheit stammen. Um diese mit der nötigen Achtsamkeit anzuschauen, hilft eine gute Begleitung von aussen.
In der Seelig-Satt-Mentoring- Ausbildung lernen wir, solche Muster bei uns selbst und anderen Menschen sorgfältig zu lösen.
Was wir aber per sofort und für uns alleine tun können, ist:
Im Alltag darauf zu achten, wo wir unsere Selbstverantwortung bewahren oder stückweise zurückerobern können. Je seltener wir in der Partnerschaft, als Eltern, am Arbeitsplatz etc. dem Gefühl von Fremdbestimmung verfallen, desto weniger meldet sich Essdrang...
Mikrobiom und Essdrang
Auch eine abwechslungsreiche, ballaststoffreiche Ernährung kann uns übrigens dabei unterstützen, wenn wir weniger dem Drang nach gewissen Lebensmitteln verfallen möchten. Denn die Zusammensetzung unseres Mikrobioms kann tatsächlich auch unsere Ernährungsvorlieben prägen.
Eine Besiedelung mit Candida beispielsweise, löst Heisshunger nach Zucker aus.
Genauere Zusammenhänge und was man tun kann, folgen in einem anderen Beitrag.